Zu einem Erbscheinsantrag gehört, dass der Antragsteller die zur Begründung seines Erbscheinsantrages erforderlichen Angaben „an Eides statt versichert“. Dabei geht es u.a. um die verwandtschaftlichen Verhältnisse und z.B. das Fehlen eines (anderweitigen) Testaments.
Eine eidesstattliche Versicherung ist eine sogenannte "höchstpersönliche Erklärung". Es ist daher grundsätzlich nicht zulässig, sich mittels einer Vollmacht vertreten zu lassen.
Die Frage ist, ob dies auch dann gilt, wenn der Vertretene zu wirksamen eigenen Erklärungen nicht mehr in der Lage ist.
Bisherige Rechtslage
Ist der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen (z.B. Demenz) nicht mehr in der Lage, eine wirksame eidesstattliche Versicherung abzugeben, konnte nach bisher herrschender Meinung nur ein Betreuer als gesetzlicher Vertreter handeln - auch, wenn der Antragsteller eine Person seines Vertrauens vorsorgebevollmächtigt hat.
OLG Celle, Beschluss vom 20.06.2018, 6 W 78/18
Das OLG Celle weitet nun den Handlungsspielraum für Vorsorgebevollmächtigte aus. Das Gericht betont, dass des Zweck einer Vorsorgevollmacht sei, ein Betreuungsverfahren zu vermeiden. Daher könnte, wenn der Vertretene nun geschäftsunfähig ist, der Bevollmächtigte im Erbscheinsverfahren die eidesstattliche Versicherung abgeben. Ein Betreuer muss hierfür nicht bestellt werden.
Hierzu führt das Oberlandesgericht aus:
„Der Bevollmächtigte der Beteiligten ist berechtigt, die Richtigkeit der zur Begründung des Erbscheinsantrags erforderlichen Angaben an Eides statt zu versichern (§ 2354 Abs. 1 Nr. 3 - 5, § 2356 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F.).
a) Grundsätzlich hat der Antragsteller die Richtigkeit seiner im Erbscheinsantrag gemachten Angaben selbst an Eides statt zu versichern. Es handelt sich bei der Abgabe einer Versicherung an Eides statt um eine höchstpersönliche Erklärung, bei der eine Vertretung durch einen gewillkürten Vertreter unzulässig ist (Staudinger/Herzog, BGB, Kommentierung zu § 2356 a.F. Stand April 2010, Rn. 56, 58). Ist der Vertretene jedoch nicht mehr zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in der Lage, kann sein gesetzlicher Vertreter, z. B. ein Betreuer, die Erklärung abgeben, jedoch als eigene Erklärung und nicht für den Vertretenen (Litzenburger, ZEV 2004, 450, 451, zit. nach beck-online). Dabei steht ein Vorsorgebevollmächtigter einem gesetzlichen Vertreter gleich, weil nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB durch die Vorsorgevollmacht gerade die Anordnung einer Betreuung ersetzt werden soll (Staudinger/Herzog, ebenda Rn. 58 m. w. N.; Palandt/Götz, BGB, 77. Aufl., § 1902 Rn. 3).“
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des OLG Celle ist praxisgerecht. Sie vermeidet unnötige Kosten durch ein Betreuungsverfahren. Zudem hat der Vorsorgebevollmächtigte, bei dem es sich regelmäßig um eine nahestehende Vertrauensperson des Vertretenen handelt, in der Regel auch eine bessere Kenntnis der familiären Zusammenhänge als eine zum Betreuer bestellte fremde Person. Schließlich unterstreicht die Entscheidung die Bedeutung einer Vorsorgevollmacht.