Wie wichtig Vorsorgevollmachten sind, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben.
Aber man sollte mit einer Vorsorgevollmacht auch in der Lage sein, notfalls einen Kredit aufnehmen zu können.
Warum eine solche Notwendigkeit bestehen kann und was man dabei falsch machen kann, das werde ich Ihnen erklären.
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Sie haben einer Person Ihres Vertrauens eine Vorsorgevollmacht erteilt. Dabei haben Sie die günstigste Form gewählt: Sie haben einen Vordruck aus dem Internet heruntergeladen, ausgedruckt, ausgefüllt und unterschrieben.
Später kommt es, wie es kommen muss:
An Ihrer Immobilie sind dringend Reparaturen durchzuführen. Die Kosten sind jedoch so hoch, dass Sie diese aus Ihren noch vorhandenen Mitteln nicht bezahlen können.
Kümmern darum können Sie sich gesundheitsbedingt eh nicht mehr. Das macht dann z.B. das von Ihnen in der Vorsorgevollmacht eingesetzte Kind.
Und nun steht das Kind vor einem Problem:
Wo soll das Geld für die Reparaturen herkommen? Sie selbst haben ja keines mehr.
Möglich wäre, dass das Kind auf eigenem Namen einen Kredit aufnimmt. Das wird es aber vermutlich nicht gar nicht wollen.
Oder: Ihr Kind würde, da es schon für seine eigene Immobilie einen hohen Kredit laufen hat, einfach keinen weiteren Kredit von der Bank bekommen.
Denkbar wäre stattdessen, dass das Kind sich als Ihr Vertreter darum bemüht, für Sie einen Kredit aufzunehmen. Eine Vollmacht von Ihnen hat das Kind ja. Der betreffenden Bank könnte als Sicherheit die Immobilie angeboten werden. Vielleicht ist es ja auch so, dass die Immobilie vermietet ist, so dass die Kreditraten bequem aus den Mieteinkünften getragen werden können.
Das klingt doch ganz gut - ist es aber nicht!
Denn bei dem Kredit würde es sich um ein sog. Verbraucherdarlehen handeln.
Das Gesetz stellt an ein solches zahlreiche Anforderungen - gerade in formeller Hinsicht.
So muss der Darlehensvertrag diverse Angaben „klar und verständlich“ enthalten, etwa
- den effektiven Jahreszins,
- den Nettodarlehensbetrag,
- den Sollzinssatz,
- die Vertragslaufzeit,
- die Auszahlungsbedingungen und und und…
Tja, und nun kommt es:
Das gilt auch für die Vollmacht, wenn mit dieser ein Darlehensvertrag abgeschlossen werden soll.
So steht es in § 492 BGB.
Ja, Sie haben richtig gelesen: Bereits die Vollmacht muss all diese Angaben enthalten.
Klar dürfte sein, dass das bei keiner Vorsorgevollmacht jemals der Fall sein wird. Denn Sie wissen ja bei der Errichtung einer Vorsorgevollmacht nicht, ob und zu welchen genauen Konditionen Sie später einen Kredit benötigen.
Die Darlehensaufnahme auf Ihren Namen, vertreten durch Ihr Kind, scheitert damit in dem Beispiel, da die selbst errichtete Vorsorgevollmacht nicht genügt.
Es müsste nun der Weg über das Betreuungsgericht gegangen werden, was Sie mit der Vorsorgevollmacht ja gerade vermeiden wollten.
Neben dadurch entstehenden Kosten sind weitere Folgeprobleme schnell vorprogrammiert.
Stellen Sie sich vor, die Reparaturen betreffen eine vermietete Immobilie. Der Mieter wird nicht begeistert sein, wenn die im Winter wegen eines Totalschadens ausgefallene Heizungsanlage nicht schnell erneuert wird und er - bis mit dem Betreuungsgericht und dem Betreuer alles geklärt ist - frieren soll.
Wie hätte - wenn man das Beispiel ändert - die Kreditaufnahme hingegen funktioniert, ohne das man über das Betreuungsgericht gehen müsste?
Nun, ganz einfach. Die Lösung steht im Gesetz. Es gibt bei der Vollmacht nämlich eine Ausnahme!
Die Vorschrift, die ich vorhin zitiert hatte
„… gilt nicht für … eine Vollmacht, die notariell beurkundet ist.“ (§ 492 IV BGB).
Eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht ermöglicht also eine Kreditaufnahme, ohne dass schon im Vorhinein in die Vollmacht alle Angaben eines etwaig später benötigten Kredites detailliert aufgenommen werden müssen.
Und eine Beleihung der Immobilie, also die Eintragung einer von der Bank sicherlich verlangten Sicherheit, etwa in Form einer Grundschuld, ermöglicht die notarielle Vollmacht - anders als die im ursprünglichen Beispiel selbst erstellte Vollmacht - auch.
Damit ist man mit einer notariell beurkundeten Vorsorgevollmacht also in zweifacher Hinsicht handlungsfähig, kann
1. ein Verbraucherdarlehen abschließen und
2. der Bank einen von ihr sicherlich verlangten Grundbucheintrag geben.
Fazit:
Wenn Sie wollen, dass Ihre Vertrauensperson Sie später maximal vertreten kann, dann ist mein ganz klarer Rat:
Lassen Sie Ihre Vorsorgevollmacht besser notariell beurkunden!