Sie sind Erbe geworden, wollen dies aber gar nicht? Dann können Sie das Erbe ausschlagen. Ich erkläre Ihnen, was dabei zu beachten ist und warum manchmal eine Erbausschlagung noch möglich ist, obwohl man meint, die Frist dafür sei längst verstrichen.
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Ausgangslage
Eine Person ist verstorben und Sie kommen als Erbe in Betracht, wollen jedoch mit der Sache rein gar nichts zu tun haben.
Die Gründe dafür können vielfältig sein.
Ein Grund kann schlicht darin bestehen, dass Sie die Verhältnisse des Verstorbenen genau kennen und wissen, dass es außer Schulden oder einem schrecklichen Wohnungschaos nichts nennenswertes zu erben gibt.
Ein Grund kann auch sein, dass Sie nicht alleine erben, die anderen Miterben kennen und sich einfach den zu erwartenden Streit und damit verbundenen Streß nicht antun wollen.
Nun, wenn Sie eine Erbschaft nicht antreten wollen, dann müssen Sie diese ausschlagen.
Erbe ausschlagen
Man kann eine Erbschaft annehmen, muss das aber nicht.
Wenn man mit einer Erbschaft nichts zu tun haben will, sollte man sie ausschlagen.
Dabei müssen Sie einiges in zeitlicher und formeller Hinsicht beachten.
Frist für die Erbausschlagung
Zunächst müssen Sie bei einer Ausschlagung die gesetzliche Frist von grundsätzlich 6 Wochen einhalten.
Diese Frist können Sie ausschöpfen.
Aber: Gehen Sie eine etwaige Ausschlagung bitte nicht zu langsam an. Ich habe immer wieder Mandanten, die die Frist versäumt haben, weil sie sich vorrangig mit anderen Dingen (wie zB Urlaub) befasst haben.
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, wann die 6 Wochen überhaupt beginnen. Die Antwort darauf ist natürlich wichtig, da man manchmal noch ausschlagen kann, obwohl man dachte die Frist sei längst verstrichen.
Wichtig ist daher zu wissen, dass die 6 Wochen nicht automatisch mit dem Tod beginnen.
Vielmehr beginnt die Frist erst mit dem Zeitpunkt, in dem Sie vom Anfall und dem Grund der Erbschaft Kenntnis erlangen.
Anders formuliert:
Sie müssen Kenntnis
(1) vom Tod der Person UND
(2) den Umständen erlangt haben, aufgrund derer Sie Erbe wären.
Was können das für Umstände sein?
Als Beispiel ist eine Person aus Ihrem Freundeskreis verstorben. Die Person hat ein Testament errichtet und Sie darin zum Erben eingesetzt. Davon haben Sie erst mit der gerichtlichen Testamentseröffnung erfahren, die - weil das Testament spät gefunden wurde - ein 3/4 Jahr nach dem Tod des Erblassers erfolgt ist. Erst mit dieser Ihrer Kenntnis beginnt die Ausschlagungsfrist zu laufen.
Gibt es kein Testament und Sie sind Erbe aufgrund der gesetzlichen Erbfolge, kann die Frist teilweise auch erst spät beginnen. Das ist in der Praxis häufig der Fall, wenn in der gesetzlichen Erbfolge vorrangige Personen (z.B. Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister etc.) vor Ihnen ausgeschlagen haben und Sie quasi nun als Nachrücker dran wären. Ein Beispiel dazu: Das Ihnen einzig verbliebene Großelternteil ist hoch verschuldet verstorben. Das Kind, also Ihr Elternteil, hat fristgerecht ausgeschlagen. Dann beginnt „IHRE“ Ausschlagungsfrist erst mit dem Zeitpunkt, zu dem Sie von der Ausschlagung Ihres Elternteils erfahren.
Gibt es in der Erbsache eine „gewisse Auslandsberührung“, kann die Frist deutlich länger sein: So beträgt die Frist zur Ausschlagung nämlich ganze 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhielt.
Gesetzestext: § 1944 BGB
(1) Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.
(3) Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält."
Kann auch schon vor Fristbeginn ausgeschlagen werden?
Häufig ist es im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge so, das eine Person als Erbe nachrückt, nachdem die vorrangige Person ausgeschlagen hat (vgl. vorheriges Beispiel: Großelternteil ist hoch verschuldet verstorben).
Wenn in diesem Beispiel das (volljährige) Enkelkind möglichst schnell ausschlagen und nicht erst abwarten will, dass das betreffende Elternteil vorher ausgeschlagen hat, dann kann das Enkelkind dies tun. Das Enkelkind muss also nicht den Beginn der Ausschlagungsfrist abwarten. Die Ausschlagung ist vielmehr gleich nach dem Erbfall (im Beispiel also des Großvaters) möglich!
Gesetzestext: § 1946 BGB
"Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist."
Achtung: Vorher das Erbe nicht annehmen
Vielfach ist unbekannt, dass eine Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden kann, wenn man sie bereits angenommen hat (§ 1943 BGB)!
Das Gefährliche dabei ist, dass man eine Erbschaft nicht nur ausdrücklich annehmen kann, sondern auch durch ein sog. schlüssiges Verhalten. Damit ist ein Verhalten gemeint, dass den Schluss darauf zulässt, sich als endgültiger Erbe zu sehen. Hierbei kommt es immer auf den Einzelfall an.
Dazu ein paar Beispiele aus der Rechtsprechung, in denen die Annahme der Erbschaft zu bejahen ist:
- Sie bieten eine zum Nachlass gehörende Immobilie über eine Makler zum Verkauf an.
- Sie beantragen beim Grundbuchamt, das Grundbuch hinsichtlich einer zum Nachlass gehörenden Immobilie auf Ihren Namen zu berichtigen.
- Eine Erbschaftsannahme kann auch darin gesehen werden, dass Sie zum Nachlass gehörende Forderungen einziehen oder Personen, die dem Erblasser noch etwas schuldeten, diese Schulden erlassen.
Zu Ihrer Beruhigung:
Keine Erbschaftsannahme liegt hingegen in der Zahlung der Beerdigungskosten oder der Veranlassung einer Kontensperrung bei der Bank. Das Verschenken verderblicher Sachen des Erblassers zählt ebenfalls nicht als eine Annahme des Erbes.
Gesetzestext: § 1943 BGB
"Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist; mit dem Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen."
Form der Erbausschlagung
Weiter müssen Sie auf die richtige Form der Ausschlagung achten.
Sie müssen die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht erklären. Eine Ausschlagung gegenüber anderen Miterben genügt nicht!
Ebenfalls genügt es nicht, die Ausschlagung z.B. per eMail oder selbstgeschriebenen Brief an das Nachlassgericht zu richten.
Entweder begeben Sie sich rechtzeitig persönlich direkt zum Nachlassgericht und erklären vor Ort die Ausschlagung oder erledigen dies bei einem Notar.
Wenn Sie sich an einen Notar wenden wollen, beeilen Sie sich bitte. Es bedarf dort eines gewissen Vorlaufs, um die Ausschlagungserklärung vorzubereiten. Dann muss ein Termin innerhalb der Ausschlagungsfrist frei sein. Und schließlich ist die Ausschlagung mit Ihrer Unterschrift beim Notar noch nicht erledigt. Vielmehr muss die Erklärung noch dem Gericht übermittelt werden. Erst mit dem Zugang beim Gericht wird die Ausschlagung wirksam.
Tipp: Der sicherste Weg ist daher, gerade wenn es zeitlich knapp ist, die Ausschlagung direkt beim Nachlassgericht zu erklären.