Enterben vs Pflichtteil entziehen

Eine Personen enterben / einer Person den Pflichtteil entziehen

In der Praxis stellen sich viele Menschen die Frage, wie sie ihr Erbe regeln können, um bestimmten Personen entweder gar nichts oder nur das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zu hinterlassen.

 

Insoweit fallen häufig zwei Begriffe: Enterbung und Pflichtteilsentzug.

 

Doch was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Konzepten, und wann ist es sinnvoll, welches anzuwenden?

 

Antworten darauf erhalten Sie im folgenden Video und Artikel.

VIDEO

Was bedeutet Enterbung?

 

Eine Enterbung ist ein einfacher rechtlicher Vorgang, der es dem Erblasser ermöglicht, eine Person vom Erbe auszuschließen. Dies geschieht durch die Erstellung eines Testaments, in dem der Erblasser festlegt, dass bestimmte Personen nichts von seinem Nachlass erhalten sollen.

 

Ein Beispiel ist das sogenannte Berliner Testament, in dem sich Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen. In einem solchen Fall sind die Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils enterbt, da sie erst erben, wenn der zweite Elternteil verstorben ist.

 

 

Wichtig zu wissen: Auch wenn eine Person enterbt wurde, hat sie unter Umständen immer noch Anspruch auf den Pflichtteil. Der Pflichtteil ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Minimum, das nahe Angehörige, wie Kinder oder Ehegatten, dann fordern können, wenn sie enterbt wurden.

 

Der Pflichtteil und seine Entziehung

Der Pflichtteil stellt sicher, dass bestimmte nahe Angehörige nicht vollständig leer ausgehen, selbst wenn sie enterbt wurden. Um den Pflichtteil zu entziehen, reicht eine bloße Enterbung im Testament jedoch nicht aus. Die Anforderungen an eine Pflichtteilsentziehung sind im deutschen Erbrecht sehr streng und setzen voraus, dass gravierende Gründe vorliegen (§ 2333 BGB).

 

Zu den gesetzlich anerkannten Gründen für einen Pflichtteilsentzug zählen:

 

  • Nach dem Leben trachten: Wenn die pflichtteilsberechtigte Person versucht, den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person zu töten.
  • Schwere Straftaten: Wenn die Person ein Verbrechen oder ein schweres vorsätzliches Vergehen begangen hat, das sich gegen den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person richtet.
  • Verletzung der Unterhaltspflicht: Wenn die Person ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig nicht nachgekommen ist.
  • Verurteilung: Wenn die Person wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde und dies die Teilhabe am Nachlass für den Erblasser unzumutbar macht.

Merke: Ein bloßer Kontaktabbruch zwischen einem Kind und seinen Eltern genügt für die Entziehung des Pflichtteils also nicht!

 

Wie kann der Pflichtteil entzogen werden?

 

Um den Pflichtteil wirksam zu entziehen, muss der Erblasser eine letztwillige Verfügung, beispielsweise ein Testament, erstellen.

 

In diesem Dokument muss der Erblasser nicht nur klar zum Ausdruck bringen, dass der Pflichtteil entzogen wird, sondern auch den genauen Grund hierfür angeben. Die Gründe müssen einer der oben genannten Kategorien entsprechen und sollten so detailliert wie möglich dargelegt werden, um im Falle eines Rechtsstreits standzuhalten.

 

Ein Beispiel

Betrachten wir ein praktisches Beispiel:

 

Eine Person ist verheiratet und hat keine eigenen Kinder, aber noch einen lebenden Vater. Der Kontakt zum Vater ist minimal, und die Person erinnert sich nur an die Unterlagen, die die Mutter einst übergab. Diese Unterlagen dokumentieren, dass der Vater in der Vergangenheit, als die Person noch ein Kind war, böswillig keinen Unterhalt gezahlt hat und dafür sogar gerichtlich verurteilt wurde.

 

 

Der Vater hat hier ein Pflichtteilsrecht. Folglich könnte der Vater (z.B. dessen gesetzlicher Betreuer) einen Pflichtteilsanspruch geltend machen, wenn der Sohn/Tochter und seinen/ihren Ehepartner als Alleinerben einsetzt hat.

 

Aufgrund der früheren Unterhaltsverletzung könnte es jedoch gerechtfertigt sein, dem Vater den Pflichtteil zu entziehen. Ein solcher Entzug müsste jedoch klar im Testament angeordnet und begründet werden.

 

Fazit

 

Die Entscheidung, eine Person zu enterben oder ihr den Pflichtteil zu entziehen, sollte stets gut durchdacht sein und die rechtlichen Anforderungen sowie die möglichen Folgen berücksichtigen.

 

Während die Enterbung eine einfache Möglichkeit bietet, eine Person vom Erbe auszuschließen, bleibt der Pflichtteil dennoch bestehen, es sei denn, dieser wurde im Testament wirksam entzogen.